Keynamm

Published on Nov 7, 2014

Gay

KeyNamM

KeYNamM

by

Ruwen Rouhs

11 König Gayas Hut

Zwei Tage nach dem Ausbruch aus dem Straflager überschritten KeYNamM, Ikken und ihre drei Freunde die Grenze zwischen Imperium und Grenzland. Die kurze Strecke durch das Bergland bis zum ersten Marktflecken des Grenzlands hatte viel mehr Zeit in Anspruch genommen, als erwartet, da Amaynu meist getragen werden musste.

Während Amaynu, Ochuko, Idir in einem verlassen Schuppen am Dorfrand Schutz suchten, schlichen sich KeYNamM und Ikken zum Soukh, der gerade geschlossen wurde. Gleich beim Eingang hörten sie eine unzufriedene Händlerin den Tag verfluchen, „Kein Geschäft, den ganzen Tag nicht! Kein einziges Hemd verkauft, nicht eins! Wenn das Geschäft morgen nicht besser läuft, kann gleich betteln gehen!“ Sie schnaufte empört und warf ein dickes Bündel Altkleider auf ihren Karren. Als KeYNamM näher trat und anfing, „Vielleicht...“ schnauzte ihn die bucklige Alte empört an, „Sogar ihr Bauern kauft heutzutage nur neue Sachen, dabei sind meine gebrauchten so gut wie neu aber schon eingetragen und weich. Keines meiner Hemden scheuert euch Haut am Hals wund, wie ein neues!“

KeYNamM versucht erneut mit ihr ins Geschäft zu kommen, diesmal aber mit, „Bestimmt kommen wir ins Geschäft, gute Frau. Ich brauch eines, das einem Kerl passt, einem Kerl wie einen Riesen. Einem Kerl, der weiche Hemden liebt, einem, der gerade sein letztes Hemd an die Soldaten verspielt hat und jetzt Angst hat, dass ihn sein Weib verprügelt, wenn heimkommt.“ Er schaute die bucklige Händlerin mit zerknirschter Miene an. „Welche Frau liebt es schon wenn ihr Göttergatte nicht nur sein Geld, sondern auch sein Hemd verspielt hat!“

„Den würde ich auch verprügeln, so einen Nichtsnutz! Und Du willst ihm helfen? Na dann los! Aber nur weil Du es bist!“ Sie zog das Bündel Altkleider wieder vom Karren „Hier such selber, aber jedes Hemd kostet Dich drei kleine Kristalle!“

Im Bündel fand KeYNamM fünf Hemden und alle verschieden groß. „Viel zu teuer, Alte. Ich nehm alle! Hier hast Du zwei dicke und zwei kleine Kristalle, mehr zahl ich nicht. Nimm das Geld oder geh ohne nach Hause!“

KeYNamM hatte die Alte richtig eingeschätzt. Sie warf ihm die Hemden zu und begann dann Ikken von Kopf bis Fuß zu mustern. Plötzlich strahlte ihr Gesicht wie die Sonne, lächelte Ikken an ging zu ihren Karren und kramte eine Weile fieberhaft zwischen den alten Kleidungsstücken. Endlich hatte sie gefunden, was sie suchte, eine alte, hohe Kappe. Sie stellte sich freudestrahlend vor Ikken auf, „Ich weiß Knabe, Du magst diesen alten, roten Tukumbut. Du wärst kein Junge, wenn Du Dir darin nicht wie der König Gaya selbst vorkommen würdest!“ Dann aber schwieg sie plötzlich. Sie richtete sich auf, ihr krummer Rücken wurde gerade und plötzlich überragte sie den größten Mann auf dem Markt um einen Kopf. Sie sprach laut, so dass es alle hören mussten, die noch auf dem Markt waren „Diesen Hut habe ich von meiner Urahne bekommen und die hatte ihn von ihrer Urahne und die wieder von ihrer. Dieser rote Tukumbut ist durch die Zeiten gewandert, von einer weisen Frau zur anderen. Ja, ich sage euch, diesen Hut hat König Gaya vor langer, langer Zeit einer weisen Frau mit den Worten geschenkt. Gibt meinen Hut dem, der die Macht hat die Klans der Wüstensöhne zu vereinen, wie ich sie geeint habe. Du oder eine Deiner Nachkommen, wird den zu Gesicht bekommen, der es ist, der zu meinem Nachfolger auserwählt ist. Bis er gefunden ist, werdet ihr und eure Nachkommen ruhelos über das Land irren, durch die Wüsten, die Flussebenen, die Berge.Erst wenn die Letzte von Euch den findet, dem dieser Hut gebührt, werdet ihr Frieden finden.“ Erschöpft fiel ihr Körper plötzlich zusammen und sie war wieder die alte, bucklige Händlerin, aber ihre Augen strahlten wie die eines jungen Mädchens. Sie setzte Ikken den roten Tukumbut auf den Kopf, „Ich habe Glück, ich die kinderlose Ultafa habe ihn gefunden, den dem Gayas Hut gebührt!“

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Als Ikken zurück in den baufälligen Schuppen kam, zeigte er Amaynu, Ochuko, Idir den Hut und erzählte ihnen von der Begegnung. Weder der Schmuggler aus dem Süden, noch der Bauer aus dem Draatal und auch nicht KeYNamM hatten von dieser Weissagung jemals gehört. Nur Amaynu, der Goldschmied des Wüstenkönigs, erinnerte sich, dass seine Großmutter ihm als Kind von dem wundersamen Hut erzählt hatte. Aber sie hatte immer betont, dass noch nie jemand den Hut gesehen hat und er bestimmt schon zu Staub zerfallen sei. Er überlegte, ob er den anderen von der Sage erzählen sollte, beschloss jedoch es nicht zu tun, einmal, da er die Worte für eine der Geschichten hielt, wie sie Lagerfeuern oft erzählt werden und zum anderen weil er Ikken keine Flausen in den Kopf setzen wollte.

Die alten Kleider waren aber willkommen. Noch bevor Amaynu, Idir und Ochuko sich im baufälligen Unterstand am Stadtrand schlafen legten, schlüpften sie in die neu erworbenen Hemden. Amaynu war selbst das kleinste Hemd noch zu groß und an Ochuko spannte sogar das größte, nur Idir fand eines, das ihm genau passte. Aber das war nicht so wichtig, viel wichtiger war, dass sie die Hemden mit dem Zeichen des Imperators wegwerfen konnten. Und das taten sie. Sie schnürten ein Bündel daraus, beschwerten es mit Steinbrocken und versenkten es in der nächsten Jauchegrube.

Am nächsten Morgen ging Ochuko mit Ikken an der Hand in den Soukh, der dunkelhäutige Händler in seinem neuen alten Hemd und Ikken mit der hohen roten Kappe auf dem Kopf. Sie steuerten sofort auf den Teil des Soukhs zu, in dem Esel feilgeboten wurde. Ikken wurde bei dem durchdringenden Trompeten der Esel selbst ganz aufgeregt. Er kannte das vom Soukh in Tinghir. „Ochuko, die Hengste riechen, dass eine Eselsstute brünstig ist und jeder will sie decken! Komm, das will ich sehen!“ Der dunkelhäutige Händler grinste, „Das ist noch nichts für Dich, Kleiner!“ und schob ihm die Kappe über die Augen. Ikken schob sie wieder hoch, boxte Ochuko in die Seite und versuchte ihn dorthin zerren, wo ein großer, fast weißer Eselshengst eine kleine Stute bedrängte. Ihr Besitzer schlug mit einem Knüppel auf das Tier ein. Der starrköpfige Hengst hatte sich jedoch im Mähnenkamm der Stute verbissen und ließ nicht los. Der Hengst gewann und ritt auf. Als Ikken und Ochuko endlich dort angekommen waren, stand die kleine Stute schon mit gespreizten Hinterbeinen und durchgedrückten Rücken da und spritze Harn in den Sand. Ikken war enttäuscht. Er schaute Ochuko vorwurfsvoll an, besonders da der Schwanz des Hengstes immer mehr schrumpfte bis er ganz in der Vorhaut verschwunden war. „Warum bist Du auch so langsam!“

Ikken schmollte nur, aber der Bauer, dem die hübsche hellgraue Eselstute gehörte, war richtig empört, „Dieses Biest! Dieser Teufel hat Tadefi vergewaltigt. Meine Süße Tadefi, mein liebstes Eselchen, mit dem ich soviel Spaß hatte! Wer ersetzt mir jetzt den Schaden?“

„He Bauer, Du heulst ja gerade, als wäre Deine Tochter entjungfert worden!“ spottete Ochuko, „An wenn wolltest du die Süße denn verschachern? An die Soldaten des Imperators? Deine Tadefi ist zwar jetzt keine Jungfer mehr, aber wir wollten sie zum Reiten und nicht zum Rammeln!“ Als der Bauer ihn böse anblickte, grinste er nur „Ich biet Dir die dafür.“ Dabei schüttelte er zwei große Kristalle aus seinem Beutel und hielt sie ihm hin. Das versöhnte den Mann und er schlug ein. Noch im Fortgehen schmollte er jedoch und schimpfte mit dem Besitzer des Hengstes, „Wenn ich Deinen Teufelshengst erwische, dann kastriere ich ihn!“

Ochuko setze Ikken vor sich auf die unwillige Tadefi und versuchte sie mit Schmeicheleien zu überreden, den Weg zum Tor des Soukh einzuschlagen. Als sie starrköpfig stehen blieb, stieg er ab und begann sie am Strick vorwärts zu zerren. Ochuko wollte so schnell als möglich den Soukh verlassen, denn die Unruhe, die sich plötzlich unter den Händlern und Soukhbesuchern ausbreitete, machte ihn misstrauisch.

Der Grund waren Soldaten, die sich mit den Marktwächtern durch die Menge drängten. Während die Wächter Standgebühren bei den Händlern eintrieben, begannen die Soldaten Marktbesucher zu kontrollieren. Wer ihnen auffiel musste stehen bleiben und wurde gefilzt. Zu ihrem Ziel gehörte natürlich der lange Schwarze und Ikken mit seinem roten Tukumbut. „He Langer, Dich haben wir noch nie hier gesehen! Du siehst aus wie ein entlaufener Verbrecher, schwarz, groß, fett! Ich glaub, der Imperator will dich wieder sehen!“

Beide erschraken. Ikken fasste sich schneller als Ochuko. Er richte sich kerzengerade auf, blickte den jungen Offizier von seinem Sitz auf dem Eselsrücken von Oben herab an und sage mit seiner hellen Jungenstimme: „Du wagst es den König Gaya aufzuhalten, ihn und seinen treuen Diener? Erkennst DU mich nicht an meinen königlichen Hut!“ Er deutete auf seine Kappe und fügte hinzu, „Ich lass Dich gleich einen Kopf kürzer machen, Offizier! Lass uns durch!“

Die Soldaten, die sie umstanden brachen in Gelächter aus und der junge Offizier fühlte sich gezwungen, mitzulachen. „Geh Deines Weges hoher Herr! König Gaya, Du kannst Deine Haremsfrauen doch nicht warten lassen!“ Mit diesen Worten griff er sich zwischen die Beine und gab ihnen den Weg frei.

KeYNamM, der nicht weit davon stand, hatte schon einzugreifen wollen. Jetzt jedoch war er froh, dass der Zwischenfall so glimpflich ausgegangen war. Er beschloss sofort noch am Nachmittag ins Unland aufzubrechen.

Als sich die Marktbesucher und Händler am Nachmittag auf den Heimweg machten, mischten sich die fünf Reisenden unter die heimwärts ziehende Menge. Sie blieben aber nicht zusammen, sondern trennten sich in zwei Gruppen, um nicht aufzufallen. Sie hatten damit Recht, denn die Soldaten hielten an jeder Kreuzung und Abzweigung nach geflüchteten Strafgefangenen Ausschau. Amaynu auf dem Eselchen und Idir bildeten die eine, Ikken, der zwischen KeYNamM und Ochuko ging, die andere Gruppe. Sie gelangten unkontrolliert ins Umland und bogen nach Einbruch der Dunkelheit vom breiten Hauptweg ab, der entlang der Grenze zwischen Grenzland und Unland führte. Im Schein der Sterne schlugen sie einen schmalen, zugewachsenen Pfad ein, der geradewegs durchs Unland zum Draa führte.

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Zuerst begrüßte sie Hundegebell, als nächstes beantwortete Tadefi, die junge Stute, aufgeregt das asthmatische Geröchel von Ennands Esel, endlich klang das freudige Jauchzen von Hiyya durch die Nacht, „Ikken, Ikken!“ Der antwortete „Hiyya! Hiyya, ich komme!“ Ihn hielt es nicht mehr bei den anderen. Im Dunkeln stolperte er den finsteren Hohlweg durch den Galeriewald herunter und traf auf Ennands älteste Tochter gerade als sie in steil ansteigenden Weg einbogen. Die beiden fielen sich in die Arme. „Du warst so lang weg! Wir haben Angst gehabt um Dich und KeYNamM! Ihr wart so lange weg und die Soldaten des Imperators sind fast täglich bei uns gewesen und haben nach euch gesucht!“

Ennand, der gerade kam, umarmte Ikken, „Die haben nicht euch gesucht! Keine Angst!“ Als er KeYNamM sah, ließ er den Jungen los und stürmte zu ihm „Mensch Bruder!“ Die beiden fielen sich in die Arme, „Mensch, Amestan!“ er holte tief Luft, „Erst dachte ich, die suchen Dich! Aber dann erzählten sie, dass die Strafgefangenen ausgebrochen sind, die Strafgefangenen der Kristallmine! Da war ich beruhigt. Kommt, Ayri und die Zwillinge warten und Aylal!“ Hiyya rief dazwischen, „Aylal geht es gut, aber er hat jeden Morgen und Abend nach euch gefragt! Ihr werdet staunen. In den paar Tagen ist gewachsen wie Stangenbohnen im Frühling und dicker geworden. Er, Anirt und Amimt sind unzertrennlich!“ Als Hiyya Ikken am Arm nahm und in die Dunkelheit zog, rief Ennand ihm nach, „Ich bin froh, dass Du wieder da bist Ikken, was glaubst Du, was wir erdulden musste. Hiyya war unerträglich ohne Dich!“

Erst jetzt bemerkte Ennand Amaynu, der auf den Esel ritt und Ochuko und Idir. „Deine Freunde?“ fragte er.

„Ja! Idir kennst Du. Die anderen beiden sind Amaynu, der Goldschmied des Amenokals und Ochuko, der Händler, der Dir alles verschaffen kann, was es südlich und nördlich des Draa gibt!“ Dann machte er aber eine Pause, „Wir können aber nicht bleiben, weil uns die Soldaten des Imperiums suchen. Wir stehen auf ihrer Liste, die drei, weil sie aus dem Straflager entflohen sind und mich und Ikken, weil wir den Zaun des Straflagers niedergebrannt haben!“

Beim Nachtmahl, bei dem Aylal mit KeYNamM kuschelte und Hiyya Ikkens Hand nicht los ließ, wurde besprochen, was in den letzten Tagen aufregendes geschehen war. Die wichtigste Information war, „Die suchen nicht nur überall nach den Geflohenen, nein, auf dem Markt wurde erzählt, dass der Imperator gestorben ist und Gouverneur Gwasila, den Raub der Kristalle rächen will. Jetzt wirbt der Gouverneur im ganzen Land junge Männer an, um eine Expeditionsarmee aufzustellen, mit der er den Amenokal angreifen will.“

KeYNamM stöhnte enttäuscht auf. „Dann haben wir keine Stunde Zeit. Amaynu, Ochuko und Idir müssen in Sicherheit gebracht werden und Dich Ennand und deine Familie, darf ich auch nicht gefährden. Wir brechen morgen in aller Früh auf.“ Dann wandte er sich an Aylal „Dich muss ich auch mitnehmen. Du und Ikken, ihr müsst mitkommen, hier ist es zu gefährlich, nicht nur für euch beide, sondern für Ennand und seine ganze Familie.“

„Du darfst Ikken nicht mit nehmen!“ protestierte Hiyya, „Bitte lass ihn hier. Bei uns ist er sicher. Bitte Ikken, Du musst bei mir bleiben. Ich verteidige Dich! Amestan wirklich, ich verteidige Ikken, ich schwöre es!“ Ihre Mutter versuchte sie zu trösten, aber sie heulte nur verzweifelt, rannte dann aus dem Haus und versteckte sich im Schuppen.

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12 Feldzug ins Reich der Wüstensöhne

Eine der Gestalten packte den Esel am Zügel, eine zweite zerrte Amaynu vom Reittier und die Dritte bog ihm die Arme auf den Rücken und fesselte Noch am Abend des gleichen Tages bogen die Flüchtenden unter KeYNamMs Führung in den Pfad ein der zur Quelle der Meryem führte. Die Sonne war am Untergehen, alle waren übermüdet, der Amestan selbst, Ochuko, der Schmuggler, Ikken und sogar Amaynu, der auf dem Esel saß und den eingenickten Aylal vor sich im Sattel festhielt. Dort wo die ersten Felsen des Gebirgsmassivs zwischen dichten Büschen aus dem Sand aufragten, tauchten plötzlich Gestalten in weiten Überkleidern lautlos wie Geister im Dämmerlicht auf. Weder KeYNamM noch einer der anderen konnte auf ihr Auftauchen rechtzeitig reagieren. Andere stürzten auf KeYNamM und Ochuko und warfen sie zu Boden. Als einer Ikken packen wollte, hechtete der vorwärts. Er wollte zwischen den Beinen des Geistes durchtauchen, verfing sich jedoch in dessen langem Überkleid des Mannes und landete mit dem Kopf voraus im Sand.

Der Anführer der Gruppe klappte eine Blendlaterne auf und leuchtete Amaynu ins Gesicht, den er für den Anführer hielt. Da schrie der Mann, der den Goldschmied festhielt, überrascht auf, „Bruder, Bruder, Amaynu, mein Bruder!“ und begann Amaynu zu herzen und zu küssen. „Amaynu mein Bruder, Amaynu mein lieber großer Bruder!“ rief er ein ums andere Mal, „Ich bin es, Wiwul Dein Kleiner, Dein kleiner Bruder! Wie hab ich Dich vermisst, alle haben Dich vermisst, Mutter und Vater, Deine Schwestern und Brüder! Alle haben dich vermisst!“ Amaynu brauchte einen Augenblick um sich zu fangen, „Endlich, Wiwul, endlich sehe ich Dich wieder!“ Dann drehte er sich zum Anführer, „Lass die beiden sofort los. Das ist KeYNamM, der Amestan, der König vom Unland und mein Freund Ochuko, und der!“ er deutete auf Ikken, den einer der Wüstensöhne in den Sand drückte, „Das ist der Sohn König Gayas, sein Nachfolger. Lass ihn los oder willst Du Deinen Herrscher erzürnen!“ Nun suchten des Goldschmieds Augen nach Aylal. Der jedoch hatte das Durcheinander genutzt und war in der Dunkelheit verschwunden. „Wo ist Aylal!“ rief er aufgeregt. „KeYNamM, Aylal ist verschwunden! Er wird sich im Dunklen verirren!“

Inzwischen hatte der Anführer der Grenzpatrouille KeYNamM aufgeholfen. Er verbeugte sich förmlich vor dem König vom Unland, „Verzeiht hoher Herr, Freund unseres Anführers Tarit! Ich wurde ausgesandt um den Pfad zu Meryems Quelle zu bewachen und Euch zu begrüßen! Ich bin vom Herzen betrübt, dass ich Euch so empfangen habe! Könnt Ihr mir verzeihen! Ich bitte Euch demütig!“ Der Amestan hörte aber nicht zu, er sorgte sich um Aylal! „Später, später! Wir müssen Aylal finden.“ Dann rief er in die Nacht, „ Aylal, Aylal, wo bist Du mein Sohn! Vögelchen wo bist Du! Das sind Freunde! Keine Angst!“ Sie brauchten nicht lange warten bis Aylal aus dem Dunkeln auftauchte, auf KeYNamM zustürzte und fürs Erste nicht mehr von dessen Seite wich.

Der Anführer der Patrouille stieß einen lauten Pfiff aus und alsbald kam ein weiterer Mann mit Pferden aus dem Dunkel. Der jüngste der Wüstenreiter brachte die müden Reiter zur Quelle, während der sich Anführer mit den Grenzposten wieder versteckte, ungebetene Reisende abzufangen, die zur Quelle der Meryem wollten.

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Am nächsten Morgen wurde KeYNamM durch eine sanfte Berührung aufgeweckt. Noch halb im Schlaf öffnete er die Augen und blickte in ein Paar dunkler Augen, „Tarit! Bruder! Tarit!“ rief er glücklich, sprang auf und die beiden Männer umarmten sich.

Tarit war glücklich. Endlich, endlich sah er seinen KeYNamM wieder. Das erste was er stolz sagte, war, „Das halbe Imperium erzählt sich von dem Brand im Straflager und dem Ausbruch der Gefangenen! Keiner kann sich erklären, wie der entstanden ist.“ lachte er „Und die andere Hälfte des Imperiums erzählt sich schadenfroh von dem Überfall auf den Kristalltransport! Weißt du noch was mir unsere Spione erzählen?“ Er wartete bis KeYNamM sich ungeduldig räusperte, „Das wird Dich freuen Bruder! Der Gouverneur wollte zum Imperator in die Hauptstadt, sich zu rechtfertigen! Aber der verstarb plötzlich! Die Menschen sagen, zwei schwarze Bestien haben ihm den Gar ausgemacht! Gouverneur Gwasila ist jetzt verzweifelt! Er ist so verzweifelt, dass er jetzt plant eine Strafexpedition gegen uns Wüstensöhne auf eigene Faust zu unternehmen. Er will nicht warteten bis der alte Imperator begraben und der neue Imperator inthronisiert ist. Er will sein Versagen gutmachen und den neuen Imperator damit überraschen, dass er die Wüstensöhne unterwirft und die Kristalle zurückholt.“

„Ennand hat mir schon erzählt, dass der Gouverneur Soldaten anheuert! Deswegen bin ich ja auch hier und nicht nur wegen Deiner schönen Augen!“ lachte KeYNamM und boxte Tarit vergnügt in die Seite. „Aber sag, ist der Imperator wirklich gestorben? Wer wird sein Nachfolger? Vielleicht einer, dem etwas am Frieden zwischen uns vom Draa und dem Imperium liegt und zwischen dem Imperium und den Wüstensöhnen?“

„Wir können nicht warten, dass sich Deine Hoffnung erfüllt, nein! Der Amenokal hat sofort alle Klans unterrichtet und glaub mir, keiner der Klans hat Sehnsucht Untertan des Imperators zu werden!“ Tarit zögerte einen Augenblick, „Und Du König vom Unland, wo stehst Du? Hilfst Du mir die Truppe des Gouverneurs würdig zu empfangen?“

„Warum fragst Du? Darum bin ich doch auch hier! Ich habe zwar keine Truppen, aber Ikken und Aylal wiegen ein ganzes Heer auf!“

„Jetzt übertreibst Du!“ dann zögerte Tarit, „Ikken akzeptiert ich als Unterstützung. Schließlich wird inzwischen in allen Zelten erzählt, dass Dein Sohn einmal ein großer Führer wird!“ dabei glitt sein Blick hinüber zu Ikken, der noch friedlich schlief. „Für Aylal habe ich jedoch eine andere Aufgabe, eine, die besser zu seinem Alter passt! Er soll Tamimt bewachen, meine jungfräuliche Tamimt.“

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Seit seiner Ernennung zum Befehlshaber des Expeditionskorps hatte Areksim, der alte Luchs, versucht alles was mit dem Feldzug zusammenhing, vor den Spionen des Imperators, vor den Informanten der Wüstensöhne und vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Das war nicht einfach gewesen und wäre ohne Udad und seine eingespielte Kapo nicht gelungen. Trotzdem hatte die Anwerbung der Söldner, das Zusammenkaufen der Ausrüstung, der Reit- und Transporttiere mehr Aufsehen erregt, als gut war. Zwar drang das Ziel des Feldzuges nicht an die Öffentlichkeit, aber jeder der Zwei und Zwei zusammenzählen konnte, ging davon aus, dass die geraubten Kristalle wieder beschafft werden sollten und dass vor allem der Unbekannte oder die Unbekannten, die den Gefangenen des Straflagers die Flucht verholfen hatten, gefangen und bestraft werden sollten. In den Kneipen war man sich sicher, dass die Wüstensöhne den Raub begannen hatten. Aber wer hatte die Gefangenen befreit? Der Feldzug würde sich also auf jeden Fall gegen den Amenokal und die Wüstensöhne richten. Niemand jedoch rechnete damit, dass er so schnell beginnen würde. Auf einen raschen Beginn, wies nur die Tatsache hin, dass die als Söldner angeworbenen Teilnehmer urplötzlich von der Bildfläche verschwanden.

Als Ausbildungszentrum hatte Areksim bewusst eine abgelegene, verlassene Wohnburg, ein Tighremt, nicht weit entfernt von Tinghir gewählt. Jetzt saß er auf seinem Rappen vor dem Tor der baufälligen Festung und kontrollierte den Auszug seiner Truppe. Udad, der flüchtige Kapo des Straflagers, jetzt sein erster Adjutant und Leutnant, ritt mit zwei seiner Vertrauten aufgeregt an der Kolonne auf und ab und versuchte mit Schimpfen und Schlägen Ordnung in die Formation zu bringen.

Immer zwölf Männer bildeten eine Kampfgruppe. Die Männer der ersten beiden Gruppen, alles alt gediente Söldner, hielten die vorgeschriebene Reitordnung exakt ein. Sie trugen ihre Waffen, einen kurzen Bogen, Pfeile und Lanze, vorschriftsmäßig und hatten die Tasche mit der übrigen Ausrüstung fest am Sattel befestigt. Den vollen Wassersack sowie einen Vorrat an Futter hatten sie über die Kruppe ihres Reittiers gelegt.

Schon die dritte Zwölfergruppe, zusammengestellt aus erfahrenen Söldner und geflüchteten Strafgefangenen, forderte die Kritik des Befehlshabers heraus. Wütend befahl er Udad die Gruppe zur Ordnung zu rufen. Beim Anblick der anderen fünf Zwölfergruppen, alles frisch Angeheuerte, richtete Areksim die Augen verzweifelt zum Himmel. Die kurze Ausbildungsdauer hatte die jungen Männer aus der Stadt und dem Umland nicht in Soldaten verwandeln können. Alle konnte zwar einigermaßen gut reiten, trotzdem saßen die meisten von ihnen recht unsoldatisch im Sattel, hielten die Lanze wie eine Heugabel, trugen den Köcher mit dem Bogen und den Pfeilen viel zu weit unten auf dem Rücken und hatten sowohl den Futtersack als auch den Wassersack nur schlampig auf der Pferdekruppe befestigt.

Areksim war wütend und enttäuscht gleichzeitig. Wütend war er auf sich selbst, weil er sich das Kommando über eine Truppe hatte aufdrängen lassen, die fast vollständig aus Anfängern bestand. Enttäuscht war er, dass es ihm nicht gelungen war, ihren Ausbildungsstandard in der kurzen Zeit so zu verbessern, dass sie kampffähig wären. Ihm war klar, dass der Feldzug in einem Chaos enden würde, wenn es allein nach dem Ausbildungsstand seiner Truppe ging. Es bräuchte ein Wunder, wenn er mit dieser Truppe einen Krieg gegen die Wüstensöhne gewinnen wollte und Areksim glaubte nicht an Wunder. Er hatte den Gouverneur auf Knien gebeten von dem Vorhaben abzulassen, konnte ihn aber nicht überzeugen. Der hatte nur geflucht und angedroht ihm ins Straflager zu stecken, wenn er nicht gehorchte. Ein Lichtblick war die Versorgungsgruppe. Diese Männer hatten samt und sonders schon in seinen früheren Feldzügen gedient und waren zuverlässig.

Areksims Truppe verließ das alte Fort in schnellen Trab und überschritt bald die Grenze zum Grenzland. Das Expeditionskorps hetzte vorwärts, denn Areksim hatte angeordnet, dass es noch vor Einbruch der Nacht den Rastplatz am Draa erreichen musste. Der Aufbruch von diesem Rastplatz war für die frühen Morgenstunden geplant, damit das erste Ziel in der Wüste, die Quelle der Meryem, noch bei Tageslicht erreicht werden konnte. Der Vormarsch im Feindesland musste unauffällig und sehr schnell erfolgen, denn der alte Luchs Areksim wusste, dass seine unerfahrene Truppe nur mit einem Überraschungsangriff die Wüstensöhne besiegen und die befestigte Kasbah des Amenokal einnehmen konnte.

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Sobald Tarit durch seine Spione von den Angriffsplänen des Gouverneurs erfahren hatte, unterrichtete er den Amenokal und die Oberhäupter der Ksars, der befestigten Dörfer, in Grenznähe. Er hatte keine Mühe, seine Truppe aus kampferfahrenen Grenzern mit mutigen Freiwilligen zu ergänzen. Zwar war seine Truppe immer noch weit schwächer als Expeditionskorps des Gouverneurs, aber ihr Vorteil war, dass alle Männer ortskundig, an Strapazen gewöhnt und genügsam waren. Seine Truppe war daher für einen Kampf in der Wüste weit besser geeignet, als eine Söldnertruppe aus vorwiegend unerfahrenen Neulingen. Ein weiterer Pluspunkt war, dass seine Männer ihre Heimat, ihre Familien, ihre Lebensweise bis zur Erschöpfung verteidigen würden und nicht wie die Söldner des Gouverneurs allein für Geld kämpfen würden.

Tarit, der die Wüste von Jugend auf kannte, hatte sich für die Stechmückenstrategie entschieden: unverhofft zustechen, dem Gegner Schaden zu fügen und abschwirren, noch bevor das Opfer zurückschlagen konnte. Zu diesem Zweck hatte er seine Gruppe aufgeteilt. Mit seiner Hälfte versteckte er auf dem Plateau oberhalb der Quelle der Meryem, die andere Hälfte schickte er schon am frühen Abend auf die andere Seite des Wadi , wo sie auf dem gegenüberliegenden Plateau auf seinen Einsatzbefehl warten sollten. Diese Gruppe führte Yufayyur, der Bruder seiner drei Frauen, und Lieblingsschwager. Yufayyur war für einen Sechzehnjährigen nicht nur außerordentlich klug und mutig, sondern auch so schön, dass er den Namen Yufayyur „Schöner als der Mond“ mit Recht trug.

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Authors Note

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And I would like to add, thanks for reading.

My other stories posted in Nifty are in English: Buzzards, Hawks and Ravens (in progress), Chances for Changes, Ran-Dy Va-Mp Visits His Friend, Terry and Sam, A Christmas Story and a new story called “Sun Quest”

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