Heute vor sieben Jahren - ich lebte noch ein einigermaßen bürgerliches Leben - fasste ich einen Entschluss. Hier die Tagebuchaufzeichnung.
Ein Wochentag im Hochsommer, heiß. Seit dem Aufwachen bin ich geil, und das muss ich den ganzen Tag bleiben. Verpisst, verschwitzt, halbnackt muss ich meiner Geilheit bis zum Abend ausgesetzt sein. Nicht im stillen Kämmerlein: unter Menschen, mich treiben lassen in der Großstadt, weit weg von sicheren Zufluchtsorten, gezwungen, zu meiner Versautheit zu stehen. Jeder, der einen Blick dafür hat, soll sehen dass ich eine perverse Gummisau bin. Ich will nichts verbergen, Blicke und Bemerkungen ertragen. Mit klopfendem Herzen. Oder stumpf. Oder stolz. Nur Gummi auf der Haut, und nur Gummi das widernatürlich aussieht.
Nein: ein einziges Stück Textil erlaube ich mir: ein Schweinehemd aus schmutziger Baumwolle, das die Titten nicht bedeckt, das mich nackter und obszöner erscheinen lässt als ein nackter Oberkörper. An Orten, wo ein nackter Oberkörper nicht akzeptiert wird, will ich zu diesem Hemd gezwungen sein.
Ich rasiere meinen Schädel, lasse aber einen Schweinestreifen stehen. Jeder soll sehen, dass ich nicht kahl bin, sondern freiwillig geschoren. Außerdem finde ich, dass es geil aussieht zu dem großen, schweren Ohrring.
Ich kleide mich an.
Schwanzring, Metall, dick, 600 Gramm.
Radlerhose aus schwarzem Gummi, mit gelben Streifen an den Seiten, dünn, eng, ohne Reißverschluss. Alles zeichnet sich deutlich im rechten Hosenbein ab: Eichel, Schwanzring, Eier. Der Gedanke, dass ich nicht einfach den Schwanz rausholen kann zum Pissen, macht mich noch geiler. Ich trinke zwei Liter Wasser.
Locker schräg über den Hüften ein schwerer Gürtel aus Industriegummi, ohne Zweck.
Waders aus schwarzem Gummi, ungefüttert, innen und außen noch dreckig vom letzten Schlammbad. Wenn ich sie nicht umschlage, gehen sie bis zur Hose und sehen für die Stadt viel zu extrem aus. Umgeschlagen sind sie so hoch wie normale Gummistiefel, aber viel auffälliger. Und zeigen dass sie auch innen verschlammt sind.
Als einziges Gepäck genehmige ich mir einen schwarzen Baueimer. Jeder soll meine wenigen Habseligkeiten sehen können: eine Handvoll Münzen, lose im Eimer, das Hemd, eher ein kleiner Fetzen, und zwei halblange schwarze Gummihandschuhe. Anderthalb Meter durchsichtiger Aquariumschlauch. Später wird der Autoschlüssel und ne Fahrkarte dazukommen.
Ich fahre mit dem Auto ins Ruhrgebiet, barfuß, Eimer und Stiefel neben mir. Schon am Morgen ist die Hitze drückend. Meine Blase wird langsam voll.
In Duisburg parke ich in irgendeiner Vorstadtstraße und kaufe eine Tageskarte für die Straßenbahn. Erster Kontakt mit Menschen, nur bekleidet mit Schwanzring und Hose; Eimer und Stiefel bleiben noch im Auto. "Mann, hiea laufen se schon baahfuß, so wahm isset."
Am Kiosk die ersten glotzenden Blicke; ich gewöhne mich schon daran.
Zurück zum Auto und dann mit Eimer und Stiefeln zur Straßenbahnhaltestelle. Das Hemd ziehe ich an: in Düsseldorf bin ich schon mal vom Sicherheitsdienst angemacht worden, weil man in Straßenbahnen nicht mit nacktem Oberkörper fahren darf. Im Eimer sind Handschuhe, Münzen und die Fahrkarte gut sichtbar. Jetzt erst mal weit weg vom Auto, dem letzten Zufluchtsort!
In Marxloh steige ich um. Hier sind viele Leute. Als ich an der Haltestelle warte, beginnt der Fahrer eines Lieferwagens an zu schreien und schimpfen. "Schwule Sau" und schlimmeres. Er kommt ins kreischen und kann gar nicht mehr aufhören. Niemand an der Haltestelle lässt sich was anmerken, aber ich fühle mich unwohl. Nun ja, da muss ich durch, und hoffentlich war das dann auch schon das Schlimmste für heute.
Die Duisburger Straßenbahnlinien sind lang. Ich dämmere in der Hitze dahin, und das Rütteln der Bahn erregt mich.
Ich muss pissen. In einer öden Hafengegend steige ich aus. Die nächste Bahn kommt erst in 20 Minuten. Die verlassene Haltestelle ist auf dem Mittelstreifen vor einer Kreuzung. Dauernd halten Autos vor der roten Ampel neben einem. Die Stiefel habe ich ausgezogen. Barfuß stehe ich auf dem heißen Asphalt. Ich lasse die Pisse laufen, stehe in einer Pfütze die langsam Richtung Rinnstein sickert. Ich habe doch ein wenig Herzklopfen. Aber kein Autofahrer schaut her.
Dann erscheint ein Skater und kommt auf die Haltestelle zu. Ich stelle mich ans andere Ende, weg von der Pfütze. Er soll sich ruhig wundern wo die in dieser staubigen Hitze herkommt, aber ich wage es doch nicht, darin stehen zu bleiben. Muss ich noch lernen.
Dann kommt die Straßenbahn, und ich steige barfuß ein, den Eimer in der einen, die Stiefel in der anderen Hand. Ich setze mich irgendwo hin, breitbeinig, Eimer und Stiefel zwischen den Beinen, und nehme mir vor, bis zur Endhaltestelle einfach zu dösen und nicht auf die Leute zu achten.
In der Innenstadt wird die Bahn sehr voll. Ein Türke von ungefähr achtzehn Jahren schaut immer wieder auf meine Hose. Dann fasst er sich ein Herz: "Wollen Sie schwimmen?" Ich schaue durch ihn hindurch und reagiere nicht. "Schwimmen? Schwimmen?" Er macht Schwimmbewegungen um sich zu verdeutlichen. Soll er!
Die Bahn wird wieder leer, und an der Endhaltestelle steige ich um in die nach Düsseldorf. U-Bahn nennen die das hier, weil diese stinknormale Straßenbahn unterm Bahnhof ein paar hundert Meter eingegraben ist. Sie taucht bald wieder auf und zuckelt durch trostlose Vororte, bis sie auf einmal durch menschenleere Weiden am Rheinufer fährt. Adieu Ruhrgebiet, wir nähern uns der Landeshauptstadt.
Aber erst Kaiserswerth. Ich ziehe die Stiefel an, das Hemd aus, steige aus und gehe durch das verschlafene Örtchen mit seiner nach Drittem Reich muffender Kaiserpfalz und überall reichen Rentnern vor den Schaufenstern und in Cafes.
Ich habe Hunger und Durst. In Kaiser's Supermarkt kaufe ich zwei Liter Saft und einen Liter Yoghurt mit Haferflocken. Die Kassiererin schaut auf meinen Eimer und die Gummihandschuhe und fragt: "Wollen Se wirklich die Fische hier aus dem Fluß essen?" Sieh da, ich bin ein Angler, niemand ahnt was Böses.
Draußen schütte ich mir den Yoghurt in den linken Stiefel, den ganzen Saft in den rechten und werfe die Verpackung in den Papierkorb. Ich gehe zum Fluß. Ich muß den richtigen Rhythmus finden damit rechts nichts herausschwappt und damit es nicht all zu laut gluckst. Das kühle Zeugs an den Füßen tut gut. Die glitschigen Haferflocken zwischen den Zehen geben ein beinahe psychedelisches Gefühl, und der Gedanke, dass ich das bald irgendwie essen muss, ohne jegliche Hoffnung auf Würde, macht mich ganz kirre. Mitten unter den Leuten werde ich es nicht wagen, also muss ich einen geeigneten Platz suchen, während ich bei jedem Schritt mein Essen zwischen den Zehen fühle.
Erst mal setze ich mich auf dem Rheindeich auf eine Bank. Überall schlurfen Rentner herum. Egal! Ich stecke den Schlauch, der immer noch im Eimer liegt, in den rechten Stiefel und gebrauche ihn als Trinkhalm. Der Saft tut gut, und wenn ich ihn ganz auftrinke, kann ich wieder gehen ohne bei jedem Schritt zu glucksen.
Dann suche ich mir einen Platz in der Nähe der Pfalz, etwas außerhalb des Blickfeldes der Rentner, und ziehe den linken Stiefel aus. Zuerst nehme ich mit der Hand was an meinem Fuß klebt, auch zwischen den Zehen, und schiebe es mir in den Mund. Dann esse ich direkt aus dem Stiefel. Ich habe Herzklopfen dabei, schaue auch immer wieder um mich, ekelhaft finde ich es nicht. Ich beginne mich ganz natürlich zu fühlen in meiner Versautheit. Ich nehme mir vor, bei nächster Gelegenheit in einer perversen Kneipe auch mein Bier aus dem Stiefel zu saugen. So brauche ich nicht immer ne Flasche herumzutragen, und keiner kann mir was wegnehmen.
Dann lege ich mich auf den Waldboden und schlafe etwas. Meine Pisse lasse ich einfach laufen.
Ich kaufe ein paar Brötchen, werfe sie unverpackt in meinen Eimer und gehe wieder zur Straßenbahn.
Auf in die Landeshauptstadt! Ich habe da meine Erfahrungen.
Voriges Jahr hatte ich im Industriegebiet am anderen Rheinufer zu tun. Gummishorts, Schwerer Gummigürtel mit kleinem Täschchen für Geld und Schlüssel, BW-Stiefel, kein Hemd, kein Gepäck. Es war warm, nicht heiss. Und auf einmal hatte ich Lust auf Innenstadt. Ich fuhr mit der Straßenbahn in die Altstadt. Saugutes Gefühl: fast nackt unter all diesen Touristen. Ich beschloß, einen Headset für mein Handy zu kaufen. Musste zum dritten Stock. Schwer war es, als mir mit der anderen Rolltreppe eine gackernde Mädchenklasse entgegenkam. Durch sowas muss man durch. Die Entschädigung: so ne Düsseldorfer Edeltucke mit gefärbten Haaren und gebügelter Lederhose. Dem fielen vor Schreck die Augen aus dem Kopf. Na ja, dann hat er in der Oper heute Abend was zu erzählen.
Ja, und als ich unterirdisch wieder auf die Straßenbahn wartete, kamen die Wachmänner. Ein blockwartmäßiger Typ und ein verhuschter. Ob ich mit der Straßenbahn wahren wolle? Ja, hier mein Fahrschein. Dann ziehen Sie bitte ein Hemd an. Es ist unhygienisch, mit freiem Oberkörper zu fahren.
Es war schon lächerlich. Jeder konnte sehen, dass ich bestimmt ganz und gar kein Hemd irgendwo verteckt haben konnte. Ich fühlte, wie mein Schwanz anwuchs. Der verhuschte schaute hin.
Der Blockwart wurde immer lauter. Ich zischte ihn an. Ob er nun als professioneller Wachmann hier unbedingt alle auf uns aufmerksam machen wolle. Und wo das stünde, dass ein nackter Oberkörper unhygienisch sei. Der verhuschte zog ihn am Arm. Dann kam der Kompromissvorschlag. Wo ich denn hin wolle. Fünf Haltestellen. Ja, dan fahren Sie. Ausnahmsweise. Aber setzen sie sich nicht hin und lehnen Sie sich nirgendwo an.
Düsseldorf halt. Das sollte in Berlin mal einer probieren... Nun gut, statt unauffällig zu sitzen stand ich nun bei der Rückfahrt in voller Größe in der Bahn.
Heute habe ich keine Lust auf sowas. Darum das tittenfreie Hemd.
Es ist zu heiss um in der Landeshauptinnenstadt rumzulaufen. Ich steige in die S-Bahn nach Essen. Die ist fast leer, ich kann die Landschaft genießen, dösen und durch die Hose meinen Schwanz steif halten. Der Ring hilft dabei. Als der Schaffner kommt, hab ich ne knallharte Erektion.
Villa Hügel. Da war ich im Frühjahr mit dem Köter 26-43. Am Parkeingang störte sich der Pförtner gar nicht an dessen Aufzug. Wir wollten nur in den Park, aber er sagte, für den Euro Eintritt können Sie sich auch in der Villa umschauen. Ich schickte den Köter rein, liess ihn aber doch seine Lederjacke anziehen. Er hatte es an dem Tag schon schwer genug gehabt in seinem neuen Schweinehemd und den zerrissenen Siffjeans.
Heute setze ich mich nur in den Garten der Kneipe am Bahnhof, trinke Kaffe, geniesse die Aussicht über den Baldeneysee und lasse meine Pisse in die Stiefel laufen.
Weiter Richtung Essen. Mehr Natur, dösen, entspannen.
Essen ist ätzend wie immer. Leider scheint es diese marode Kneipe nicht mehr zu geben, wo einem fiese Pötter direkt an die Hose greifen. Löschzug oder so, unter dem Bahndamm. Heute wäre ich da mal gerne reingegangen.
Es ist heiß. Zu heiß für Gummistiefel. Ich nehme sie in die Hand. In den Eimer passen sie ja nicht. Das Hemd liegt da inzwischen aber wieder drin.
In der sogenannten U-Bahn nach Mülheim esse ich meine Brötchen. Dazu ziehe ich die Gummihandschuhe an, denn meine Hände sind klebrig vom Schweiß.
Zu sehen gibt es neben den Bahngleisen wenig. Nach den blasierten Düsseldorfern beginne ich die abgestumppften Pötter mit ihren Bierwampen fast zu mögen. Ein paar junge Türken schauen mir ausgesprochen neidisch auf die Beule, trauen sich aber nicht, über mich zu reden.
Die Bahn von Mülheim nach Duisburg führt über eine uralte Landstraße zwischen den beiden Stadtzentren. Es ist wie eine Reise durch verschiedene Jahrhunderte. Ne Tanzschule im Stil der Fünfziger Jahre. Das älteste Wirtshaus des Ruhrgebietes. Fachwerkhäuser, mißglückte Villen. Zoo mit Delphinen. Fickwald.
Dann eine Baustelle. Zwei junge Männer fallen mir auf: perfekter Körperbau, Millimeterhaarschnitt, großer Ohrring, nackter Oberkörper, schwarze Zimmermanshose mit breiten Lederriemen, schwere Arbeitsstiefel. Ich steige aus und gehe zurück. Setze mich hin und schaue zu.
Ein Kanalisationsrohr wird gelegt. Ungefähr zwanzig Arbeiter murksen herum, unauffällig, in langweiligen Arbeitsklamotten, träge in der Hitze des Spätnachmittags. Und dazwischen diese zwei Götter. Sie sehen viel zu gut aus für Kanalarbeiter, aber sie scheinen die ganze Baustellle zu regeln. Machen andauernd was anderes: Bagger fahren, Lastwagen rangieren, Kabel ziehen. Es sind deutlich die Körper von Bodybuildern. Aber sie verstehen auch die schwere Arbeit und das Fach. Sie sind die einzigen mit freiem Oberkörper. Ihre Hosen sitzen perfekt.
Ich fahre weiter als sie beginnen zusammenzupacken. Werde nie wissen wie dieses Wunder zustande kam und was für Männer das waren.
Jetzt kann eigentlich micht mehr viel geschehen. Ich fahre zum Landschaftspark, verstecke die Stiefel im Gebüsch und klettere nur mit der Hose bekleidet auf den Hochofen, um die Abendsonne und die Aussicht zu geniessen. Langsam wird es kühler, und da oben ist Wind. Auf der Treppe, beim Steigen, lasse ich meine Pisse laufen.
Leider kommen hier heute keine interessanten Männer rauf. Inzwischen bin ich so geil dass mein Schwanz von selbst steif bleibt. Ich hocke mich in eine Ecke mit Aussicht und döse weg. Bei der geringsten Berührung könnte ich abspritzen, aber das will ich nicht, solange ich unterwegs bin.
Ich wache auf. Es dämmert und ist kühler. Ich fahre nach Hause, geil und glücklich.
Soweit die Aufzeichnung. In dieser Nacht beschloss ich, mein Leben zu ändern.
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